Freitag, 7. Januar 2011

Verkettung ungünstiger Umstände

Gestern habe ich von einem wütenden Autofahrer eine Anzeige angedroht bekommen.
Im ersten Moment etwas schockierend, nach Rücksprache mit dem Chef stellte sich aber heraus, dass ich definitiv im Recht war.

Warum das Theater?
Eigentlich war die komplette Tour eine einzige Verkettung ungünstiger Umstände.
Beliefert werden sollten drei Kunden im Stadtgebiet. Reine Fahrzeit von Kunde zu Kunde ca. 5 min, also dank Pizzataschen kein Problem.

Eine der Lieferungen ging in ein Wohnheim, dessen Bewohner beim Anliefern immer für eine Überraschung gut sind. Glücklicherweise hatten diese als letztes bestellt. (Ansonsten hätte ich sie bewusst am Ende der Tour beliefert, damit mein Zeitplan nicht mal wieder irgendeinem "Zwischenfall" am Wohnheim zum Opfer fällt.)
Also bin ich in Richtung der beiden anderen Kunden gestartet. Nach 300 Metern fiel mir auf, dass ich zwar alle Pizzen habe, Eis und Getränke jedoch noch in der Filiale stehen. Also flugs gewendet, da klingelte auch schon der Chef auf mein Telefon. Praktisch, denn so konnte er mir das Vergessene gleich ans Auto bringen.
Da ich nun gewendet hatte, habe ich meine bisherige Route über den Haufen geworfen und bin doch erstmal zum Wohnheim gefahren. "Kann schon nicht so schlimm werden, drei identische Posten, selbst wenn mal wieder einzeln gezahlt wird ist das kein Problem".
Schwerer Fehler!
Im Wohnheim:
Laute Musik hinter der Tür des Kunden. "Oh prima, ist zumindest jemand da". Bis jedoch jemand öffnete musste ich dreimal klingeln und fünfmal an die Tür klopfen und ich sah schon, wie sich mein Zeitplan in Wohlgefallen auflöste.
Als endlich geöffnet wurde, standen drei Jungs davor, allesamt mussten erst einmal Geld holen. Was soll das? Wenn ich etwas bestelle ist mir doch kllar dass es bald klingeln wird und ich halte das Geld oder zumindest die Geldbörse schonmal bereit. Ganz zu schweigen davon, dass ich dafür sorge, dass ich die Klingel hören kann!!!
Die drei Jungs wollten natürlich alle getrennt zahlen, zwei von ihnen mit 20€-Scheinen und zwar bei Beträgen um 6€. Großes Kino, anders hatten sie es natürlich nicht. Also bin ich dort direkt meine letzten kleinen Scheine losgeworden, Trinkgeld gabs natürlich keins. grmpf.

Mich über die vollkommen sinnlos vertrödelten Minuten ärgernd bin ich also wieder ins Auto gestiegen und zum nächten Kunden gefahren.
Ankommen und Finden war kein Problem, Klingeln schon. Erst klingelte auf Knopfdruck gar nichts, dann hörte es nicht mehr auf zu Klingeln, woraufhin jemand aus dem Fenster brüllte "Sind ja gleich da!!"
Bitte was? Sie sind gefälligst sofort da, oder sie lassen mich einfach rein, ich brings ja sogar die Treppe hoch. MannMannMann...
Nach einer Viertel bis halben Ewigkeit hat sich dann ein Bewohner des Hauses erbarmt die Tür aufzumachen. Allerdings hatte jener ein Fahrrad in der Hand, wollte also vermutlich nicht mehrere Pizzen sowie Eis und Getränke haben. Nach einem weiteren Bruchteil einer Ewigkeit erschien dann sogar der Kunde. Und jagte mir den letzten kleinen Schein, sowie die großen Münzen als Wechselgeld ab.

Prima, auf zum letzten Kunden, mit nichts als 20€-Scheinen und knapp 2€ in ganz kleinen Münzen im Portemonnaise. Doch zuvor musste ersteinmal ein weiteres Hindernis überwunden werden: eine Ampel, die zum Erbrechen nicht "grün" zeigen wollte. Warum auch immer, denn eigentlich standen wir ausreichend nah an der Haltelinie (wegen Induktionssschleife). Nachdem Verkehr von rechts in zwei Schüben die Kreuzung passiert hatte wurde es uns zu bunt, und wir pirschten uns vorsichtig bei Rot über die Kreuzung. Letzte Hürde genommen!
Weiter zum Kunden. Straße gefunden, Hausnummer ebenfalls.
Es handelte sich um eine breite Einbahnstraße, links komplett zugeparkt, rechts Schneeberge, ein besserer Platz zum Halten als in zweiter Reihe neben den Parkenden war nicht in Sicht. Also extra nahe an die Prakenden ranfahren und die Tür in eine Lücke zwischen zwei Fahrzeugen geöffnet, dann kommt sogar auf der Straße noch jemand durch.
Es kam wie es kommen musste, als ich gerade beim Kunden klingelte kam "jemand", der nicht durchkam, weil er einfach mit seinem Kleintransporter etwas breiter war und fing sofort an wild zu hupen. Abends gegen 9, die Anwohner werden sich gefreut haben...
Was sollte ich aber anderes machen, als zuende ausliefern, schließlich hatte ich schon geklingelt. Der Kunde öffnete auch recht fix und erwartete mich an der Tür - mit einem 20€-Schein für knapp 10€-Rechnungsbetrag. Da hatte ich nun tatsächlich ein Problem, das konnte ich gar absolut nicht wechseln. Zum Glück fand er nach kurzer Suche (immer begleitet vom Hupen auf der Straße) einen 10er, wir konnten unser Geschäft abschließen.

Durch das aufdringliche Getöse von der Straße angetrieben bin ich so schnell wie möglich zum Auto gesprintet, habe mich vor der Tür des Kunden gleich nochmal auf den Hosenboden gesetzt. (zum Glück war ich die Pizza schon losgeworden.) Und wurde auf der Straße direkt aus Transporter angebrüllt:

"Sag mal, du hältst dich wohl für den Größten?

Das nächste mal fahr ich dir ne Beule ins Auto!
Das gibt ne Anzeige, sag ich dir!!!"

Tja, so endete meine wohl verrückteste Tour bisher...
Abgesehen von der Tatsache, das er eine Anzeige kriegt, wenn er mir gegens Auto fährt, habe ich als Lieferant das Recht, in zweiter Reihe zu halten, wenn keine anderen Haltemöglichkeiten vorhanden sind und die Straße nicht mit einem Halteverbotsschild "gesegnet" ist. Zudem habe ich extra so gehalten, dass man die Stelle noch passieren kann, das hat er sich aber mit seinem Transporter offenbar nicht zugetraut.
Logische Konsequenz? Hupen und Schreien in einem Wohngebiet gegen 9.00 Uhr abends.
Alles klar --> Arschloch!


2 Kommentare:

  1. Lass Dich von solchen Komikern nicht aus der Ruhe bringen. Wenn schon eine Anzeige im Raum steht, dann andersrum.
    Du hättest den Anzeigen können.

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  2. jo, ich war nur in dem Moment überfordert. Aber bei der Rücksprache mit dem Chef stellte sich heraus (siehe letzter Absatz), dass ich im Fall einer Anzeige definitiv im Recht wäre.
    99% solcher Androhungen sind ja eh einfach nur leere Phrasen, wie eben auch in deisem Fall. Leider habe ich nicht nach dem Nummernschild geschaut...
    Das werde ich aber wohl beim nächsten Mal machen, wenn mich einer dermaßen grundlos ankackt und dabei auch noch eine massive Ruhestörung verursacht, dann werde ich mir wohl in aller Ruhe erstmal das Kennzeichen notieren ;-)
    So wie ich das spontan gesehen habe war das sogar ein Handwerker, der müsste eigentlich wissen, dass man nicht immer "entladen" kann ohne den Verkehr ein wenig zu beieinflussen.

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